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Mont Blanc - Monte Bianco


Rifugio Francesco Gonella (3025 m) die alte Toilette.
Die Hütte wurde inzwischen neu gebaut.

Gletschertisch auf dem Weg zur Rif. Gonella.




Blick vom Dôme de Goûter (4304 m) zum Mont Blanc (4810 m)
Auf dem Gipfel
Mont Blanc (4810 m) -
an einem 08. August


9000 Höhenmeter und trotzdem das Klassenziel nicht erreicht


Eine Episode um den Monte Bianco (Mont Blanc)

Zuerst mußten 1000 Kilometer mit dem Auto bis Courmayeur zurückgelegt werden.
Ziel war die Besteigung des höchsten Alpengipfels von der italienischen Seite.
Die Route ist wesentlich schwieriger als die Normalanstiege von Frankreich. Eine Mischung aus zwei Routen mit bis 50° Firn.
Das Auto kann man in La Visaille (1600 m) abstellen (den Bauer fragen tut gut) und der Aufstieg zur Rifugio Gonella (3071 m) beginnt.
Das Val Veny ist auch für Wanderer gut geeignet. Es gibt auch einige preiswerte Zeltplätze, wobei der Peutérey Camping am schönsten liegen soll.
Die Campingplatzverwalter/-besitzer sind ausgesprochen nette Leute.

Die ersten 500 Höhenmeter gehen ganz gut, dann will der Gletscher nicht enden und die letzten 500 mH bis zur Hütte wollen auch erstmal mit voller Ausrüstung (Zelt etc.) bewältigt werden.
Unterwegs begegnete uns der Rest einer belgischen 4er Seilschaft, die wir tags zuvor kennenlernten. Es waren nur noch drei, die nur noch runter wollten und heim. Es war das Ergebnis einer Lawine.

So erlebten wir eine sehr anstrengende sowie erlebnisreiche 'Eingetour'.
Die 'Aufstiegshilfen' sind bei den Umständen gern gesehen.

Der folgende Tag sollte wegen dem schlechten Wetter ein Hüttentag werden und während dieser Zeit ist es völlig unbegreiflich, daß wir fast allein auf der Hüttn waren.
So konnte es dann gemeinsam mit acht Österreichern losgehen.

Der Hüttenwirt betonte noch, dass wir ein sehr gutes Zeitfenster haben.
Nach dann doch kurzer Nacht (nicht wegen der Einsamkeit) war 01.00 Uhr wecken und 02.00 Uhr Abmarsch. Bei klarer, kalter Mondnacht ging das gespure los.
Mit meinem etwas dicklichen Bauch brach ich als Seilerster auch ständig ein. Nach dem Wechsel trat aber keine Besserung ein. Einem kleinen Verhauer folgte die steilste Firnpassage mit 50°.
Die beiden Seilschaften wirkten mit ihrem Getue wie in einem Film. In dunkle Nacht schlichen sie langsam voran. Im Vordergrund die Schatten der hoffnungsvollen Bergsteiger und dahinter der Monte Bianco.
Bei der zu überwältigenden Klettereinlage im Fels verlor auch noch ein Teilnehmer ein Steigeisen. Inzwischen ist es Tag geworden. Anschließend erlebten alle die genialste und heikelste Stelle der Tour.

Zwischen Punkt 4003 m und 4154 m. Ein, nein: 'Der Firngrat'.

Die breiteste Stelle 20 cm! Ohne Sicherung meisterten alle ohne Probleme dieses Stück.
Die letzten Meter zum Dôme du Goûter (4306 m), den wir um 08.00 Uhr erreichten, waren mit einer rapiden Wetterverschlechterung begleitet, so daß nur der Abbruch der Tour in Frage kam.

Wir hätten es wissen müssen, denn der Luftdruck hatte sich in der Nacht faktisch nicht verändert - eine klassisches Zwischenhoch. Das Unheil begann.
Eben wegen des Wetters war ein Rückzug über die Aufstiegsroute nicht machbar und zu gefährlich. Außerdem bemerkten einige einen blutigen Geschmack des Speichels.
Es blieb nur der Weg nach Frankreich. Nur schnell runter. Aber nach 200 mH Abstieg gen Richtung Rifuge Goûter mußten wir wegen zu starkem Sturm (über 100 km/h), Schneefall und Null Sicht auch hier passen.

Die Entscheidung des österreichischen Bergführers zum Schneehölenbau lag auf der Hand. So ging es los. Da noch zwei weitere Seilschaften dabei waren, wurde das Unternehmen nicht so leicht.
Buddeld einmal für 15 Leute eine Scheehöle mit nur einer Schneeschaufel. Aus unseren zwei Seilschaften vermied jeder, offen die Gedanken auszusprechen, die einem so in solchem Moment bewegen.
Wir waren noch lange nicht fertig, da machte sich doch die einzige anwesende Frau (eine Französin) es sich im Loch bequem. Wir trauten unseren Augen nicht und waren nun endgültig fassungslos.
Zuvor hatte sie auch nur geplappert.

Mittag war es noch nicht und nach einigen Diskussionen und Versuchen, den genauen Standort festzustellen, entschlossen wir uns dann doch, auch bei schlechtem Wetter, weiter abzusteigen.
Sollte wir es nicht schaffen, wäre noch genügend Zeit bis zur Dunkelheit, ein weiteres Loch zu graben. Das Glück war uns hold und wir fanden die Hütte. Doch von hier ging es nach kurzen Pause weiter hinab.
Dabei schockierten uns die unendlichen Massen, die uns hier ungeachtet der schlechten Wetterlage entgegenkamen und den Abstieg erheblich behinderten. Dadurch war aber wenigstens der Weg erkennbar.
Offensichtlich lesen diese Leute nie den Führer, denn in diesem steht, daß allein genau auf diesem Hüttenaufstieg (es ist der leichteste) jährich 10 (zehn) Menschen umkommen. Die letzte Bahn erreichten wir selbstverständlich nicht und es ging noch bis Les Houches abwärts. Endlich, 21.00 Uhr, waren wir unten. Völlig durchnäßt und total fertig.

Ich sagte mir an diesem Tag schon mehrfach, daß ich mir eine leichtere Freizeitbeschäftigung suchen müsse und zweifelte an der eigenen Leistungsbereitschaft. Manch einer von Euch kennt dies Gefühl.
Bis hierher haben wir seit Courmayeur 2735 m im Aufstieg und 3506 m im Abstieg bewältigt. Den Folgetag brauchten wir, um mit dem Bus wieder nach Italien zu kommen. Dabei kam eine besondere Stimmung in der Magengegend auf, denn ohne Papiere ist es nicht immer leicht eine Grenze zu passieren. Und da unser Restgepäck noch auf der Rifugio Gonella lag, mußten wir wohl noch einmal den langen Zustieg zur Hütte und dann mit Gepäck wieder zurück absolvieren. Natürlich bei Regen.
In der Zeit von unserem ersten Aufstieg bis hierher waren unzählige kleine und große Spalten aper geworden, so daß der Weg durch das Umgehen der Spalten noch länger wurde.

So sind letztendlich 8977 m!; so gut wie 9000 Höhenmeter insgesamt bewältigt worden, ohne das übliche Auf und Ab in den Bergen und unsere Füße sahen entsprechend aus und das eigentliche Ziel wurde nicht erreicht. Es sind aber schon Pläne für einen weiteren Versuch im Kopf und die wenigen fantastischen Eindrücke überdecken alles andere. Auf jeden Fall kommt nur ein Zustieg über Italien in Frage. Solch eine Ruhe auf einer Hüttn habe ich lange nicht erlebt.
Zusatzinfo: Rifugio Gonella ist in den Monaten Juli und August bewirtschaftet. Wir kamen gerade nach der Öffnung. Für AV Mitglieder ist die Übernachtung mit 17.000 Lire und die HP/Ü mit 48.000 Lire zu kalkulieren. In der Nähe ist campen unmöglich. Weiter oben auf dem Grat (bei ca. 4000 m) oder bei der Rifuge Vajolett durchaus gut machbar. Bemerkenswert ist die Abgeschiedenheit der Hütte mit ihrer totalen Ruhe und der Hüttenwirt Alessio Ollier war wohl am 28.09.92 auf dem Everest. Ach so, Wein haben die auf der Hüttn auch.

Später haben wir dann im 2. Anlauf den Aufstieg zum Gipfel über diese Route geschafft. Es war an einem 08. August, dem Tag der Erstbegehung.